Christustag im Nordirak – ein großes Wunder

In der aktuellen Charisma-Ausgabe (Okt. – Dez. 2016) hat Hanspeter Nüesch, der über mehrere Jahrzehnte „Campus für Christus“ in der Schweiz geleitet hat, einen vielbeachteten Artikel über die von ihm initiierten Christus-Tage geschrieben. Lesen Sie nun seinen Bericht von dem ersten Christus-Tag im Irak.

Vergangenen Februar stellte ich den Leitungsteams von Campus für Christus im arabischen Raum die Vision eines  kirchenübergreifenden  Christustags vor, der die Verheißungen von 2. Chronik 7, 14 ernstnimmt. Das irakische Leiterehepaar lud mich daraufhin zu einem Treffen zu viert ein und erzählte mir von ihrer Situation. Zusammen beteten wir für einige sie bedrückende Dinge. In der Folge übersetzten sie alle den Christustag betreffenden Unterlagen ins Arabische inklusive den Film über den Christustag 04 in Basel. Sie zeigten diesen Film irakischen Leitern. Zusammen fassten sie den Beschluss, auch so einen Christustag mit Christen aus allen Kirchen durchzuführen und zwar noch im gleichen Jahr. Sie luden mich als einer der Hauptreferenten ein. Gott sprach aber deutlich zu mir, dass es eine rein irakische Angelegenheit sein sollte, von Irakern für Iraker gestaltet. Meine Aufgabe sollte es sein, sie von außen bestmöglich zu unterstützen. Es war dann nicht immer einfach, die visionären, glaubensstarken aber gleichzeitig sehr spontanen, aus dem Augenblick entscheidenden Irakern in Einklang zu bringen mit den eher vorsichtig agierenden Schweizern, die detaillierte Programmpläne und Kostenbudgets gewohnt sind. Wie dankbar war ich, als es dann doch „besser als erwartet“ klappte. Zum Glück machten dann auch die Behörden mit, die aus Gründen der Sicherheit Personen mit muslimischem Hintergrund vorerst  die Teilnahme am Christustag verwehren wollten. .

Am Vortag trafen sich Pastoren aus dem ganzen Land zum Gebet. Ein Pastor Bagdad gab ein starkes Wort weiter über den Geist von Babylon, wobei er mit Babylon auch wirklich das irakische Babylon meinte. Er forderte zu Fasten und Gebet auf. Die anwesenden Pastoren taten Buße über die Uneinigkeit der Kirchen und insbesondere ihrer Leiter. Wann immer sie bisher kirchenübergreifend zusammengekommen seien, hätten sie gestritten. Im Gebet für ihr Land beanspruchten sie die Verheißung von Jesaja 61, 3 „Schönheit statt Asche, Freudenöl statt Trauer“. Jede Gebetszeit wurde jeweils von einer anderen Person geleitet. Gemeinsam beteten sie für einen neuen Start der irakischen Kirche und eine tiefgreifende Erweckung, die ihrer Meinung nach die ganze Welt positiv beeinflussen wird, wenn der negative Geist von Babylon einmal besiegt ist. Unsere Mitarbeiterin Tabea Geissbühler, die schon lange ein Herz für den Irak hat, vertrat uns Schweizer. Sie war tief berührt vom erlebten Gebetseifer der Pastoren und ihrer Leidenschaft für ihr Land.

Am Christustag selber versammelten sich dann 5.000 – 7.000 Personen, darunter viele Namenschristen und nicht wenige Nichtchristen. Auffallend viele junge Menschen waren darunter. Viele zusätzliche Personen wären gekommen, wäre nicht kurz zuvor der Krieg um Mossul ausgebrochen, das nur 70 Kilometer von Erbil entfernt ist. Trotzdem fuhren viele trotz Gefahr mit dem Auto große Distanzen. Den Militärangehörigen im Kriegsgebiet verteilten die Christen Neue Testamente, die sehr dankbar entgegengenommen wurden.  Der Hunger nach dem Wort Gottes ist gross.

Zu Beginn des gemeinsames Christustags, der im Gebäude von Babylon Media in Erbil stattfand, führten junge Christen ein eindrückliches Theater auf über Mossul vor, während, und (visionär) nach der IS- Herrschaft, untermalt mit Filmsequenzen. Die Botschaft lautete: „Der Teufel ist besiegt! Jetzt müssen wir mit Christus zusammen das uns gehörende Land wieder einnehmen, es geistlich reinigen und unter Christi Herrschaft stellen.“

Dann marschierten zahlreiche junge Leute in weißen Kleidern herein. Jede Person trug ein Schild mit dem Namen einer irakischen Ortschaft. Gemeinsam bildeten sie am Boden sitzend in der Mitte des Raumes ein Kreuz. Erzbischof Nicodemus Dawod, Leiter der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Mossul/Ninive  hielt daraufhin die Festansprache. Er lobte die vielen jungen Menschen für ihr Beispiel gelebten Miteinanders am Fusse des Kreuzes. Er betonte, dass ohne ihr Vorbild es nicht möglich gewesen wäre, dass zum ersten Mal in der Geschichte Iraks ein gemeinsamer Gottesdienst aller Kirchen gefeiert werden konnte. Erzbischof Nicodemus ging in seiner Ansprache fest davon aus, dass die Christen bald wieder in ihre Dörfer zurückkehren werden. „Wenn wir zurückkehren“, fragte er, „werden wir dann vergessen, was die Kinder des Bösen uns angetan haben? Wie sie uns vertrieben, unsere Kirchen zerstört, unsere Bücher verbrannt haben? Nein, wir werden es nicht vergessen. Aber wir werden ihnen vergeben, weil wir Christen sind.“
Verschiedene kürzere Beiträge, unter anderem über die Kraft vereinten Gebets, wurden jeweils umrahmt von Chören und Gesangsdarbietungen verschiedener Kirchen. Eindrücklich die katholische Ordensschwester neben dem orthodoxen Priester, die sich bei evangelischen Jugendlichen eingehakt hat und im Takt der Musik mitwippte.
Den Abschluss machte eine längere Worship-Zeit, die von einem bekannten Musiker mit muslimischem Background geleitet wurde. In einfachen verständlichen Worten sprach er davon, wie wir unser Leben unter Gottes Führung stellen und seinen Willen tun können. Er forderte die Versammelten auf, mit ihm zusammen Jesus Christus anzurufen und in einem Gebet ihre Hingabe an ihn zu bekräftigen, während er das Lied sang „Der Herr ist nahe all denen, die ihn anrufen“.
Ein Teilnehmer kommentierte: „Es war wunderbar zu sehen, dass alle Anwesenden, Ordensschwestern und Priester eingeschlossen, zusammen mit der ganzen Versammlung das Hingabegebet sprachen und Jesus Christus so als Herrn ihres Lebens bezeugten. Ich sehe den Christustag als ein Durchbruch für die irakischen Christen. Er bildet den Beginn einer neuen Ära der irakischen Kirche.“  Um die angesprochenen Menschen in ihrem Glauben zu vertiefen, verteilten die Mitarbeiter am Schluss der Veranstaltung mehrere hundert  Jüngerschaftskurse, die, wie wir hörten, bereits einiges am Auslösen sind. Jemand meinte: Ich muss mein bisheriges Christsein neu überdenken.

Sat 7 und ein weiteres Fernsehnetz übertrugen den Christustag in den ganzen arabischen Raum. Ich konnte die Veranstaltung per Livestream am Computer verfolgen. Obwohl ich nur die englischen Teile verstand, war ich einfach dankbar über der Tatsache, dass mehrere tausend Christen, mehrheitlich aus Mossul und der Region Ninive, dem Aufruf Gottes Folge geleistet hatten wie zur Zeit de Propheten Jona. Was mir auffiel, war die Tatsache, dass alles sehr professionell gestaltet wurde.

Mir bleibt nur, neben unserem wunderwirkenden Gott  allen Betern und Unterstützern von Herzen zu danken für all das Mittragen in den vergangenen Monaten, die für mich manchmal zu einem rechten Glaubenstest wurden. Dafür ist dann die Dankbarkeit umso größer.