Das Phänomen „neuer religiöser Bewegungen“ verstehen lernen: Fachtagung zum „Politischen Pentekostalismus“

Eine kritische Bestandsaufnahme und Analyse des politischen Pentekostalismus hat jetzt eine Fachtagung des Instituts für Weltkirche und Mission (Frankfurt) vorgenommen. Das gestern Abend (30. Juli 2021) beendete Online-Expertentreffen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertretern aus 40 Ländern setzte sich mit der Entwicklung der Pfingstkirchen im politischen Kontext auseinander.

Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg) erläuterte als Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz: „In der Deutschen Bischofskonferenz beobachten wir seit fast 30 Jahren die dynamische weltweite Ausbreitung evangelikaler und pfingstkirchlicher Gemeinschaften. Europa scheint dabei ein Sonderfall zu sein. Zwar erleben auch wir hier die Abwendung von den traditionellen Großkirchen. Anders als in Amerika, Afrika und Asien führt der Rückzug von den großen Kirchen jedoch kaum zur Hinwendung zu evangelikalen oder pfingstkirchlichen Gruppen. Stattdessen bedeutet er in Europa eine weiter fortschreitende Säkularisierung und Entfremdung von Glauben und Religion.“ Im Unterschied dazu werde in anderen Teilen der Welt eine rasante Ausbreitung „neuer religiöser Bewegungen“ beobachtet, eine Entwicklung, die in vielfacher Hinsicht nicht einfach zu verstehen und einzuordnen sei, so Erzbischof Schick.

Auf der Tagung wurde in verschiedenen Facetten ein aktuelles Forschungsprojekt des Instituts für Weltkirche und Mission zum Pentekostalismus mit der Konzentration auf politisches und soziales Engagement im öffentlichen Raum im Globalen Süden diskutiert. Darin zeigt sich eine Veränderung, die nicht mehr vom traditionellen Verständnis, welches die Pfingstbewegung mit weltabgewandter Frömmigkeit identifiziert, ausgeht.

Mit Prof. Dr. Amos Yong (Fuller Theological Seminary, USA) kam auch ein theologischer Vertreter des Pentekostalismus zu Wort. Aber eben leider nur einer! Für mehr Infos über Amos Young siehe https://www.fuller.edu/faculty/amos-yong/.

Erzbischof Schick zum Erfolg der Pfingstkirchen: „Könnte es sein, dass das, was viele in ihrer etablierten Kirche vermissen und sie zur Abkehr von jeglicher Religion veranlasst, dieselbe Wurzel hat wie das, was in anderen Regionen der Welt Menschen den Pfingstkirchen zutreibt? Dann wären die globalen Entwicklungen auch für uns in Europa relevant. Wir sollten die pentekostalen Christen nicht allein in einer Haltung der Abwehr betrachten, sondern mit einer gewissen Offenheit …“, so Erzbischof Schick. Mit Blick auf das politische Engagement der Pfingstkirchen sagte er: „Seit geraumer Zeit sehen wir die Entwicklung, dass pentekostale Gemeinschaften nicht nur zu missionarischen Zielen die Öffentlichkeit suchen, sondern sich bemühen, die Politik aktiv zu beeinflussen.“

Mit Blick auf das politische Wirken der Pfingstkirchen gelte es zu fragen:
„Welche Inhalte werden propagiert? Welche Ziele werden verfolgt und mit welchen Mitteln? Sind die Beispiele, die wir sehen – besonders deutlich z.B. in Brasilien und einigen afrikanischen Ländern – repräsentativ für das pfingstkirchliche Christentum oder sind sie die Ausnahme? Wo ist die Grenze legitimer Einflussnahme?

Welches Menschen- und Gesellschaftsverständnis steht dahinter und welche theologischen Grundannahmen? Sind sie mit unserem eigenen katholischen Glaubensverständnis vereinbar? Was entspricht unserem Auftrag als Christen zur Gesellschaftsgestaltung?“

Quelle: Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz

Hinweise: Weitere Informationen zur Tagung und zum Projekt finden Sie auf der Website des Instituts für Weltkirche und Mission.

Als Charisma-Redaktion möchten wir bei dieser Gelegenheit auf eine Tagung am 6. Oktober in Bielefeld hinweisen:

FORUM Pfingstkirche & Landeskirche
– Austausch und Begegnung

Nähere Auskunft und Anmeldung:
dirk.spornhauer@eb-west.de
oder
egbert.warzecha@bfp.de