Hundertausende beten am Bildschirm mit

„Deutschland betet gemeinsam“  –  Die Krise vereint Christen aller Konfessionen im Gebet

Stell dir vor, du betest – und Hundertausende machen mit. An der Erfüllung dieses Traums wirkten am Mittwoch vor Ostern zahlreiche Christen aus den verschiedensten Konfessionen mit, die unter dem Motto „Deutschland betet gemeinsam“ dem Aufruf eines breiten ökumenischen Netzwerks unter Moderation von Johannes Hartl und dem Gebetshaus Augsburg gefolgt waren.

„Verbundenheit statt Isolation – Hoffnung statt Angst“: Damit warben die Veranstalter dafür, sich zum angesagten Zeitfenster am Bildschirm einzuklinken, um miteinander im Gebet angesichts der weltweiten Corona-Krise einzustehen. Die Resonanz war zeitweise so groß, dass die Online-Plattform „Slido.com“ zusammenbrach, auf der sich einzelne Teilnehmer vernetzen und mitteilen konnten. „Das ist doch eine Nachricht“, kommentierte Initiator Dr. Johannes Hartl, Leiter des Gebetshauses Augsburg, „eine Online-Plattform bricht zusammen vor Dankbarkeit!“ Zuvor hatte der den Impuls gegeben, mitzuteilen, für was man dankbar sei. An anderer Stelle konnten Gebetsanliegen und Fürbitten geteilt werden.

„Wer gläubig ist, soll beten…“ – die Bemerkung des bayrischen Ministerpräsidenten Söder in der Gesprächsrunde einer Fernseh-Show hatte den Startschuss für diese spontane Gebetsinitiative gegeben, an der sich letztlich über 200 Gemeinden und Werke aus dem katholischen, evangelischen, orthodoxen sowie freikirchlichen Bereich beteiligten. Auch zahlreiche charismatisch orientierte Gemeinden, Werke und Leiter riefen zur Teilnahme auf.
Außerdem unterstützen Prominente und Politiker den Gebetsaufruf. Söder hatte die Schirmherrschaft für die Aktion übernommen und betonte in seinem Aufruf, „dass gemeinsam beten verbindet!“

Über 30.000 Interessierte hatten sich davor schon auf der Webseite angemeldet, darunter offensichtlich auch Menschen, die sich bislang zu keiner Glaubensrichtung gezählt hatten. Johannes Hartl, der mit seiner Frau Jutta im Rahmen eines Live-Streams aus dem Gebetshaus durch die 99 Minuten Übertragung führte, bemühte sich sichtlich darum, das breite Spektrum von Zuschauern dabei abzuholen, „einen Wunsch nach oben zu schicken“.

Bewusst hatten die Initiatoren diesen Tag vor Ostern gewählt, weil an diesem das jüdische Pessachfest beginnt. „Wir setzen damit ein Zeichen der Verbundenheit mit den Juden sowie gegen Antisemitismus“, betonte Tobias Teichen vom ICF München in einem kurzen Clip. Zahlreiche Leiter, Bischöfe, Pfarrer und Prominente, wie Peter Maffay und Influencerin Jana Highholder ermutigten per Videoclip oder live-Zuschaltung zum Gebet für verschiedene Themen. So erinnerte Sängerin Maite Kelly an die Krebskranken und das medizinische Personal, die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder warb um Gebet für Wissenschaftler.

Hartl ermutigte zwischen den Gebetszeiten, die oft mit Anbetungsliedern vom Team des Gebetshauses Augsburg unterlegt waren, auch zu praktischen Aktionen. So ließ er die Zuschauer am Bildschirm für alle applaudieren, die in Medizin, Polizei, Handel und Wirtschaft „noch den Laden am Laufen halten“. Er ermutigte zu Dankes-Grüßen – auch an Eltern und Einsame.

Etliche der zugeschalteten Mitinitiatoren beteten gleich am Bildschirm mit den Zuschauern, andere sprachen ein Grußwort, wie etwa katholische und evangelische Bischöfe und der Metropolit der orthodoxen Kirche in Deutschland, Serafim Joanta. Dies machte für die Zuschauer die Vielfalt an Gebetsformen und Glaubensrichtungen in Deutschland erfahrbar. Hartl versuchte durch vereinende Elemente die bunte Schar der Bildschirm-Beter zusammenzubinden – so sang man altbewährte Kirchenlieder, wie „Großer Gott wir loben dich“, und betete das „Vater unser“ und den Psalm 23 mit eingeblendetem Text.
Auf die Aktion hatte im Vorfeld auch die BILD-Zeitung hingewiesen mit dem Hinweis: „Mal gespannt, ob man was spürt …“

Text: Gertraud Schöpflin