Mit Werten in Führung gehen

Kongress christlicher Führungskräfte mit 3800 Teilnehmenden in Düsseldorf (26.–28.2.09)

Zeitgemäßer hätte dieser Kongress nicht sein können. In der schwersten Wirtschaftskrise nach dem 2. Weltkrieg, in der alle bisherigen Sicherungskonzepte auf den Prüfstand gestellt werden, Hiobsbotschaften an der Tagesordnung sind, Firmen und Finanzimperien wie Kartenhäuser kollabieren, Aktienkurse nur die Richtung nach unten kennen, ermutigten Rednerinnen und Redner des 6. Kongresses für christliche Führungskräfte die Krise als Chance zu begreifen und christliche Werte wieder ins Zentrum zu rücken. Der Unternehmer Claus Hipp (Hipp-Babynahrung) brachte es auf den Punkt: „In den Zehn Geboten ist alles geregelt!“

„Wenn man keinen Durchblick mehr hat, hilft nur der Rückblick“, so Peter Hahne in seinem mit „Suchet der Stadt Bestes“ überschriebenen Schlussreferat. Er verwies darauf, dass nach der Katastrophe des 2. Weltkriegs die Väter und Mütter des Grundgesetztes bewusst in die Präambel den Gottesbezug hineingenommen hätten: In der Verantwortung vor Gott und den Menschen… Ihr Vorsatz sei damals nicht nur Nie wieder Krieg! gewesen, sondern auch: Nie wieder eine Gesellschaft ohne Gott. „Ohne Gott ist kein Staat zu machen, der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge. Wir brauchen Nachrichten zum Nach-Richten, Informationen zum In-Form-Bringen“, so der Bestsellerautor weiter in dem für bin typischen griffigen Duktus. Hahne machte mit vielen Zitaten von namhaften Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft deutlich, wie wichtig die christliche Botschaft gerade heute ist.

Zu dem Zeitpunkt lagen zweieinhalb Tage hinter den Teilnehmenden, die reich gefüllt waren mit Plenumsveranstaltungen und vielen Workshops. Von den etwa 60 Seminaren seien hier nur schlaglichtartig zwei erwähnt. Die Referate und Workshops sollen zum Download ins Internet gestellt werden.

Sehr praktisch zu ging es bei dem Seminar „Für immer aufgeräumt“ von Jürgen Kurz, Geschäftsführer tempus GmbH, Giengen. Wer träumt nicht von einem stets übersichtlich und aufgeräumten Schreibtisch? Kurz erklärte mit praktischer Übung, instruktiven Bildern und Video-Clips, wie 20 % mehr Effizienz mit dem sog. Büro-Kaizen (= ständige Verbesserung im Büro) erreicht werden. Da durchschnittlich 13 % der Arbeitszeit (6 Wochen im Jahr!) mit Suchen verbracht werden, wundert es nicht, dass das Seminar einen enormen Zulauf hatte.

Angelika Marsch, Leiterin des deutschen Zweiges der Wycliff-Bibelübersetzer, sensibilisierte in ihrem Workshop „Leiterschaft in interkulturellen Zusammenhängen“ für die Entwicklung interkultureller Führungsfähigkeiten: „Durch das Berühren unterschiedlicher Kulturen bekommt die Seele mehr Farben.“ Verkleidet als eine Quechua – unter diesen Indianern Perus hat sie viele Jahre gelebt – machte sie das Modell der sog. „Kulturzwiebel“ deutlich, die aus den Schalen Verhalten, Werte, Überzeugungen und dem Kern Weltbild besteht. Da 8,5 % der deutschen Bevölkerung Ausländer sind und wir immer mehr in einer vernetzten Welt leben, gewinnt das Wahrnehmen anderer Kulturen, d.h. anderer Strategien zur Gestaltung des menschlichen Daseins, an Bedeutung.

In der Pressekonferenz am Freitag, 27.02., betonte Hartmut Hühnerbein, Vorstand Christl. Jugenddorfwerk Deutschlands, die Vermittlung christlicher Werte als das zentrale Thema und fragte, wie weltfähig und zukunftsfähig wir als Christen sind. Petra Bosse-Huber, Vizepräses der Ev. Kirche im Rheinland, ergänzte, dass man nur von Werten reden solle, wenn man die Quellen benennt, aus denen man sie schöpft. Das biblische Menschenbild sei sehr realistisch, rede nicht von einem perfekten Menschen, sondern rechne auch mit dessen Scheitern, was in der derzeitigen Krise sehr wichtig sei. Vor dem Hintergrund, dass wir uns immer der jüdisch-christlichen Wurzeln unserer Kultur bewusst sein müssten, fragte Volkmar Klein, MdL, Landesvorsitzender des Ev. Arbeitskreises der CDU in NRW: „Wieviel Werte verträgt die Politik?“

Der Freitagabend stand im Zeichen von Interviews und Gesprächsrunde mit Persönlichkeiten, die als Christen Vorbilder sind: Peter Busch, der in seiner spröde-sympatischen Art von seinem Leben als Chemiker bei der Henkel AG und als Theologe berichtete; Rainer Schmidt, Welt- und Europameister bei den Paralympics im Tischtennis trotz schwerster Behinderung im Bereich der Arme (!) und ev. Pfarrer – ein glaubhafter Zeuge für die Freude aus Gott (er gab auf der Bühne ein beeindruckendes Zeugnis seines geradezu artistischen Könnens); Gräfing Daisy von Arnim, auch bekannt als „Apfelgräfin“, die in der tiefsten deutschen Provinz, der Uckermark, mit Gottes Hilfe ein blühendes Geschäft mit Äpfeln und deren diversen Produkten buchstäblich aus dem Boden stampfte. Den musikalischen Teppich für den Abend hatten Lothar Kosse & Band mit ihrer wunderbaren Musik ausgerollt, bei der sich selbst in einer nüchternen Messehalle Himmel und Erde berühren.

Der Samstag wurde eröffnet mit einem Wort für den Tag von Hans Peter Royer, stv. Leiter der Fackelträger International. Ausgehend von der Frage: „Wie können wir den Durst der Menschen nach Gott schüren?“, forderte er auf, zu den biblischen Werten zurückzukehren, die Gerechtigkeit zu lieben und die Ungerechtigkeit zu hassen. Jesus, der mit Zöllnern und Sündern zu Tisch saß, habe schonungslos Ungerechtigkeit und Heuchelei verurteilt, dagegen Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit geliebt. Diesem Beispiel sollten wir Christen folgen. Darin werde etwas von der Salzkraft wirksam (Matth. 5, 13: „Ihr seid das Salz der Erde.“) – und Salz mache bekanntlich durstig.

Wie schaffen UnternehmerInnen den Spagat zwischen ethischen Werten und den Erfordernissen des Marktes? fragte Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, und zitierte aus den Zehn Geboten nach der griffigen Übertragung des Bundes Katholischer Unternehmer: „Spiele dich nicht als Herrgott auf“ (1. Gebot) und „Achte das geistige Eigentum anderer“ (7. Gebot). Er unterstrich, dass die Meisterausbildung des deutschen Handwerks der beste Verbraucherschutz sei, und forderte, die Sozialsysteme demografiefest zu machen.

Im Podiumsgespräch unter der Überschrift „Gesellschaft verändern“ verwies der Unternehmer Norman Rentrop, der sich nach eigenem Bekenntnis durch eine Gideon-Bibel in einem Hotelzimmer bekehrt hat, auf das Chronikbuch: Das Land blühte auf, wenn das Volk tat, was dem Herrn gefiel. Ganz im Duktus von ProChrist stellte Ulrich Parzany fest, dass wir kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem hätten und fragte, ob die christliche Gemeinde nur Spiegelbild der Gesellschaft sei oder aber Modell. Die Welt warte darauf, dass Christen von dem Sofa aufstünden. In diesem Zusammenhang erinnerte Hermann Gröhe, Staatsminister im Bundeskanzleramt, daran, dass es ganz wesentlich Christinnen und Christen zu danken ist, dass wir in diesem Jahr 60 Jahre Grundgesetz und 20 Jahre Mauerfall feiern können, und forderte zum politischen Engagement auf. Alfred Buß, Präses der Ev. Kirche von Westfalen, beleuchtete die biblische Ethik mit dem Gebot in 5. Mose 24, 19-22, den Acker nicht vollständig abzuernten, sondern etwas für Fremde, Waisen und Witwen übrig zu lassen; so wäre auch Gewinnmaximierung nicht die oberste Priorität sondern in dem (Geschäfts-) Partner den Nächsten zu sehen. Im Übrigen könne nur ein demütiger Mensch ein Vorbild sein.

Es passte zu dem ökumenischen Charakter dieses Treffen, dass als ein Höhepunkt am Samstag der Erzbischof von München und Freising Reinhard Marx als Redner zu dem Thema Wie Glaube Wirtschaft und Gesellschaft verändert geladen war. Er machte deutlich, dass nach dem Scheitern des marxistischen Menschenbildes und des kapitalistischen Menschenbildes (Homo oeconomicus) sich das biblische Menschenbild erneut bewahrheitet habe. Das Wort Gottes sei einzigartig und weise über alle Zeiten hinweg die Richtung. Im Zentrum des Tempels in Jerusalem stand nicht, wie in den heidnischen Tempeln, ein Kultbild; im Allerheiligsten waren die Tafeln mit den Zehn Geboten Gottes. Wir müssten uns immer neu bemühen, das Zivilisationsniveau, das wir durch das Christentum erreicht hätten, zu halten und die Zivilisationsgewinne durch das Christentum in unseren Herzen und Köpfen realisieren.

Horst Marquardt, idea-Vorsitzender und einer der Initiatoren des Kongresses, forderte zum Schluss dazu auf, die Bibel in die Gesellschaft zurückzuholen. Er wies darauf hin, dass manche der sonst nicht an derartige Veranstaltungen gewohnten Redner, die besondere Atmosphäre gespürt hätten, die bei diesem Kongress herrschte. Er erinnerte nochmals daran, dass der Ministerpräsident von NRW Jürgen Rüttgers den Wunsch geäußert hatte, dass von diesem Kongress ein Funke ausgehen möge, der das ganze Land erreicht. Und dann lud Marquardt ein zum nächsten Kongress: 24.-26.02.2011 in Nürnberg.

Stimmen von Teilnehmenden:

Hans-Joachim Hahn, Initiator des Professorenforums: „Der Kongress thematisierte mit viel Fachkompetenz und gesunder Spiritualität, was heute für Deutschland relevant ist. Er ist für mich eine Bestärkung, mit christlichen Werten in die Öffentlichkeit zu gehen.“ Heinfried Brunsmann, Wirtschaftsprüfer: „Solche christlichen Kongresse eignen sich als Börse für Geschäftskontakte. Gut fand ich die von Freundlichkeit, Ruhe, vom Heiligen Geist geprägte Atmosphäre. Ich war überrascht, wie viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sich hier als Christen geoutet haben.“ Und seine Ehefrau Ruth-Maria: „Mich hat das Seminar ‚Nachtgespräche mit David’ von Daniel Zindel besonders beeindruckt. Er ermutigte dazu, Davids Beispiel zu folgen, der im Zwiegespräch mit seiner unruhigen Seele diese auffordert: ‚Harre doch auf Gott!’ Das bringt eine wunderbare Ruhe und Gelassenheit. Und in einem U30-Seminar hat mich ein Satz besonders angesprochen: ‚Lass dir deine Träume nicht rauben!’“

Helmut Brückner