Renaissance scheinbar vergessener Werte

Junge Christen diskutieren über Gott und gesellschaftliche Verantwortung

Vielleicht war es nicht nur Zufall, dass sich am letzten Wochenende eine Gruppe junger Menschen auf den Weg nach Rothenburg o.d. Tauber machte, um sich dort in einem „alten Gemäuer“ über Glaubens- und Wirtschaftsthemen auszutauschen. Vielleicht war es eher als Hinweis zu verstehen, eine Brücke zwischen Tradition und Moderne zu schlagen – das Prinzip des ehrbaren Kaufmanns in Zeiten des Misstrauens gegenüber der Wirtschaft in eine neue Gesellschaft, die wir junge Christen prägen müssen, hineinzutragen. „Authentisch leben trotz Gegenwind“ – unter diesem Motto veranstaltete der Verband Christen in der Wirtschaft (CiW) die Junge Tagung 2009.

Schon der erste Abend gestaltete sich durch den Vortrag „Islamischer und christlicher Fundamentalismus – und wo stehen wir?“ von Friedmann Eißler (wiss. Referent der Evang. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen) herausfordernd und ließ alle teilhaben an der Fragestellung, wie wir uns als junge Christen in der Gesellschaft positionieren müssen, ohne dabei einerseits den Dialog mit anderen Religionen zu vernachlässigen oder andererseits in einen eigenen Fundamentalismus zu verfallen.

Die Teilnehmer kamen aus verschiedenen Kirchen überwiegend des protestantischen Spektrums. Denn auch die Vorträge und Workshops waren nicht konfessionell geprägt, sondern bewusst offen gehalten. So zeigte sich in den Kleingruppen oft eine interessante Zusammenstellung von Mitgliedern aus Landes- und Freikirchen – von traditionell über evangelikal bis hin zu pfingstlich-charismatisch.

Gewinner oder Verlierer?

„Wenn es so weitergeht, müssen wir als Christen bald Insolvenz anmelden, da unsere Ansichten nicht mehr gefragt sind“, war die Aussage von Christoph Jakob (Kassel), als es in einer Podiumsdiskussion um die Frage ging, wie Christen ihren Glauben in eine desinteressierte Gesellschaft transportieren können. „Der christliche Glaube scheint dem Geist der Zeit nicht mehr gerecht werden zu können“; er sei zu verbindlich, man könne mit ihm keine interreligiösen Erfahrungen machen wie mit dem bunten Mix aus Esoterik und Buddhismus, wie ihn viele Junge Menschen modern und weltoffen leben, so Jakob. Dem widersprachen die beiden Unternehmer Klaus Händel (Bruchsal) und Frank Suchy (Chemnitz), die beide die Erfahrung gemacht haben, dass zwar medial das Klima rauer geworden ist, sich aber andererseits in persönlichen Gesprächen und Begegnungen eine große Offenheit für Lebens- und Glaubensfragen zeigt.

In kleinen Gruppen konnten die diversen Standpunkte weiter diskutiert und Strategien entwickelt werden, den Glauben in unserer Generation wieder als das wahre Lebenskonzept zu präsentieren.

Es folgten Workshops mit hochkarätigen Referenten. Ich selbst konnte mich im Workshop „Unternehmerisches Handeln auf biblischen Grundlagen“ mit konkreten Fragestellungen betriebswirtschaftlichen Handelns auseinandersetzen und dabei von den Erfahrungen des 1. CiW-Vorsitzenden Frank Suchy profitieren.

Nach einem segensreichen Seminartag konnten wir uns auf den Galaabend im großen Theatersaal freuen. Dort ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, wie viel Potential in uns allen steckt und wie sehr wir Gott als junge Generation am Herzen liegen. Ich sah uns aber auch als eine Gruppe junger Menschen, von der Gott etwas erwartet. Wir waren nicht nach Rothenburg gekommen, um dort ein entspanntes Wochenende fernab von Uni-Stress und Arbeitsalltag zu verbringen. Vielmehr haben wir die Tagung als Beginn einer neuen Bewegung im CiW empfunden, die von nun an unter dem Begriff CiW Young Professionals angehende Führungskräfte unterstützt, authentisch ihren Glauben in der Gesellschaft zu leben, trotz Gegenwind.

Die Tagung endete mit einem Gottesdienst, der mich sehr ansprach: Pastor Lukas Rosenthal ging auf Aspekte interreligiöser Kommunikation und Nächstenliebe ein. Für mich waren das anschließende Abendmahl und die Segnung Höhepunkte dieser Jungen Tagung. Dann bis 2010.

Nathalie Figge studiert Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsrechtan der Ruhr-Universität Bochum und arbeitet beim CiW alsMitarbeiterin im Bereich Young Professionals, zudem ist sie als freie Mitarbeiterin beim WDR (Köln) tätig.
Vortragsabend(zur Nachricht am 28.6.09)
Podiumsdiskussion (von links: Klaus Haendel, Frank Suchy, Timo Plutschinski, Lukas Rosenthal, Dr. Friedmann Eissler, Christoph Jakob)(zur Nachricht vom 28.6.09)
Gala-Abend(zur Nachricht vom 28.6.09)