Die Ursprache der Menschheit

“Aus dem Mittelalter wird ein Experiment berichtet, das einen sehr tragischen Ausgang nahm. Kaiser Friedrich II. (1212-1250), der an wissenschaftlichen Untersuchungen außerordentlich interessiert war, wollte erforschen, wie sich Kinder verhalten, und welche Ursprache sie entwickeln würden, wenn sie keinerlei Möglichkeit zum sprachlichen Austausch mit anderen Menschen hätten. Um dies herauszufinden, ließ er Neugeborene von Pflegerinnen versorgen, die die strickte Anweisung erhielten, die Kinder zwar zu waschen und zu füttern, aber kein Wort mit ihnen zu sprechen und auch sonst keinerlei Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Der Kaiser, der übrigens spekuliert hatte, die gesuchte Ursprache könnte Hebräisch, Griechisch, Latein oder Deutsch sein, mußte bald aufgeben, denn die Kinder starben alle nach kurzer Zeit. „Ohne daß Händepatschen, das fröhliche Grimassenschneiden und die Koseworte ihrer Ammen vermochten die Kinder nicht zu leben“, schlußfolgerte eine Chronik.” ( aus: “Experimente in der Ethologie” Schülerarbeit, Internet, Autor unbekannt)

Vielleicht ist ja das Experiment, so grausam es anmutet, gar nicht misslungen. Zeigt es doch, dass ein Mensch ohne liebevolle Zuwendung nicht leben kann. Sprache ist nicht von Natur aus da, lediglich die Fähigkeit, sie zu erlernen. Sprache wird uns vermittelt. Wir sind zuerst Angesprochene. Und dieses Angesprochen-Sein drängt uns zu antworten. Liebe will sich ausdrücken, und Liebe sucht nach einer Re-sonanz, einem Zurück-Klingen. Das ist der Anfang der Kommunikation, des lebendigen Austauschs von Informationen, Willensbekundungen, Gefühlen und Befindlichkeiten zwischen Personen. Kommunikation ist der Lebenskreislauf innerhalb einer Communio, einer Gemeinschaft. Wo diese Gemeinschaft nicht gegeben ist, kann auch keine Kommunikation stattfinden.

Sprache ist nicht nur eine systematische Aneinanderreihung von Lauten. Sie beinhaltet viel mehr: Körperhaltungen, Gesten, Mimik, Blicke, Handlungen. Man kann das alles zusammenfassen unter “Zu-Wendung” oder Zu-Neigung”. Gehörlose und Stumme kommen ganz ohne akustische Äußerungen aus, sie sprechen eine Gebärdensprache. Gerade für sie sind all die genannten Aspekte der Sprache besonders wichtig, und sie sind sensibel für unterschwellige Signale, die den Hörenden vielleicht gar nicht bewusst sind.

Die Zu-Wendung oder Zu-Neigung ist die erste und ursprüngliche Sprache, die ein Mensch empfängt. Und man hört es der Sprache eines Menschen an, ob ihm im Anfang seines Lebens diese Zu-Neigung in ausreichendem Maß zuteil wurde oder nicht, und ob die Zuwendung, die er erfahren hat, eine liebevolle oder eine lieblose Zuwendung war.

Die erste Ansprache, die Menschen überhaupt empfangen haben, war der Segen, den Gott ihnen zugesprochen hat: Gen/1Mo 1, 28-30: “Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen. Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen. Allen Tieren des Feldes, allen Vögeln des Himmels und allem, was sich auf der Erde regt, was Lebensatem in sich hat, gebe ich alle grünen Pflanzen zur Nahrung. So geschah es. Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.” Es war die Sprache der Liebe, die Leben auf lange Sicht ermöglichte. Die andere, die Sprache des Todes, der Fluch, kam erst später. Und der Mensch hat sie selbst verschuldet. Sie war nicht vorgesehen. Vorgesehen war die Sprache der Liebe, der Segen.

Ohne Liebe kann der Mensch nicht kommunizieren. Er kann nur Bosheiten und bestenfalls Belanglosigkeiten austauschen. Was ich nicht empfangen habe, kann ich nicht weitergeben. Was ich nicht weitergebe, kann nicht fließen, kann sich nicht entfalten und keine Frucht bringen. Es erstarrt und stirbt ab. So kann auch die Liebe und der Segen nicht leben, wenn ich sie nicht weitergebe sondern für mich behalte. Die Sprache verkümmert, verkommt und verstummt. Ich kann dann auch nichts mehr empfangen, weil mein Herz voll ist von all den Leichen, die früher einmal lebendige Liebe und Segen waren. Aus mir strömt dann nur noch das Leichengift der Unversöhntheit.

Doch Gott heilt. Er sucht dich. Er möchte dir die lebendige Sprache wieder schenken, den Fluch verwandeln in Segen. Er wendet sich dir zu und lässt Sein Angesicht leuchten über dir. Gott ist Liebe! Hab keine Furcht. Wende auch du dich Ihm zu und hab Vertrauen. Siehst du das Lächeln auf Seinem Antlitz? das Mitleid in Seinen Augen? die Erwartung in Seiner Haltung, da Er darauf wartet, dich in Seine Arme zu schließen? Hörst du Ihn sprechen?: “Ich habe so auf dich gewartet. Schön, dass du da bist. Jetzt geh und schenke allen Brüdern und Schwestern meine Liebe.”

Num/4 Mo 6, 24-26: “Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.”