Ein gewaltiger Wirbelsturm

Der letzte Sturm hat wieder mal ein paar Dachziegeln in hohem Bogen von unserem 100 Jahre alten Dach gefegt. Ich bin dankbar, dass weder Menschen noch umstehende Autos zu Schaden gekommen sind. Stürme sind mir unheimlich. Stürme richten Schäden an. Wer hat etwas davon? Ein bisschen Wind würde doch völlig reichen. Warum muss es gleich ein Sturm sein?

„Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind“ (Apg 2,2). Kein laues Erweckungslüftchen wehte damals an Pfingsten, sondern wohl eher ein gewaltiger „Wirbelsturm“, so lautet eine Übersetzungsmöglichkeit. Wie sich die Jünger und die erste Gemeinde dabei wohl gefühlt haben mögen? Ob sie damit gerechnet haben? Immer wieder wird in der Bibel davon berichtet, dass Menschen sich fürchteten, als sie gewahr wurden, dass sie es mit dem lebendigen Gott zu tun bekamen. Weihnachten auf dem Feld, Ostern vor dem leeren Grab, Pfingsten im Obergemach.

„Plötzlich“ kam der Sturm, so schreibt Lukas. Ich finde, das sollte uns beunruhigen. Wir haben so unsere Vorstellungen, wie Erneuerung und Erweckung in Kirche und Gesellschaft aussehen sollten. Wir beten darum und sehnen dieses Geschehen herbei. Was, wenn ER dann wirklich kommt? Ganz anders und plötzlich?

Wie ein gewaltiger Wirbelsturm? „Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge

zusammen und wurde bestürzt“ (Apg 2,6).

Wir haben so unsere Vorstellungen, wie Erneuerung und Erweckung aussehen sollten. Würde nicht eine kleine Renovierung reichen? Hebung der Qualitätsstandards, Optimierung der Ressourcen und Steigerung von Kompetenzen. Freundlich, kontrolliert und ohne plötzliche Überraschungen. Ein bisschen windig eben. Was aber, wenn ER einen anderen Weg wählt?

Am ersten Pfingsten jedenfalls kam der HERR ungewohnt stürmisch daher. „Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt“ (Apg 2,6). Vorsicht also, wenn wir erwartungsvoll das Wirken des Heiligen Geistes unter uns erbitten. Wir gehen damit Risiken ein. Ich jedenfalls habe angefangen, den biblischen Bericht vom ersten Pfingsten mit neuem Respekt zu lesen. Denn eigentlich mag ich Stürme nicht. Ich kann gut darauf verzichten. Und doch, wenn Gott sich in seiner Freiheit für diesen Weg eines heilsamen Sturmwindes entscheiden sollte, will ich nicht weichen. Ich will bereit sein, wenn er handelt, wo und wie er will.

Also bete ich u.a. mit Worten des alten Hymnus‘: „Komm, Heiliger Geist, und tu, was dir gefällt. Was befleckt ist, wasche rein. Dürrem gieße Leben ein. Heile du, wo Krankheit quält. Löse, was in sich erstarrt. Lenke, was den Weg verfehlt.“

 

Zum Autor:

Henning Dobers ist seit 2011 Vorsitzender der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung in der evangelischen Kirche Deutschlands (GGE-EKD). Der evangelische Pfarrer und Seelsorger steht auch als Coach, Trainer, Mentor und Spiritual für Einzelpersonen (besonders Führungskräften) sowie für Organisationen zur Verfügung (www.il-coaching.de). Es ist u.a. sein Anliegen, dass sich in den nächsten Jahren in Deutschland 1.000 Gebetsgruppen an 1000 Orten bilden, die für einen geistlichen Aufbruch und eine Überwindung der Kirchenspaltung in Deutschland beten. Mehr Infos und Teilnahmemöglichkeit unter www.1000gebete.de