Wozu tauft Jesus uns in das Kraftfeld des Heiligen Geistes?

Der in pfingstkirchlichen und charismatischen Kreisen gängige theologische Fachausdruck „Geisttaufe“ kommt im griechischen Neuen Testament nicht als Substantiv vor, sondern verbal: „taufen in dem/den Heiligen Geist [hinein]“ bzw. „taufen mit dem Heiligen Geist“ (der griechische Text lässt beide Übersetzungen „in“ und „mit“ zu) – jeweils als Prophetie aus dem Mund von Johannes dem Täufer (Mt 3,11; Mk 1,8; Lk 3,16; Joh 1,33) und von Jesus (Apg 1,5); bzw. als zeugnishafte Erinnerung des Apostels Petrus im Rückblick auf das Pfingstgeschehen (Apg 11,16). Das griechische Wort für „taufen“ („baptizein“) kommt ursprünglich als Fachausdruck aus der Seemannssprache und meint ein ins Meer eingetauchtes Schiffswrack am Meeresgrund, das von allen Seiten vom Wasser umgeben ist. Genauso sollen wir regelrecht in den Geist Gottes „hineingetaucht“ und von Ihm „überflutet“ werden.

Zwölf andere griechische Worte oder Redewendungen (die vor allem Lukas und Paulus gern benutzen) umschreiben differenziert dieses Wirken des Heiligen Geistes mit anderen Bildern und betonen jeweils spezielle Schwerpunkte – ich nenne dazu einige Bibelstellen als Beispiel:

  • den Geist (als Gabe Gottes) empfangen (ihn also in unserem Leben „willkommen heißen“ – Joh 7,39; Apg 2,38; 8,15+17; 10,47; 19,2; 1Kor 2,12; Gal 3,2+14),
  • mit dem Geist erfüllt werden (das griechische Verb im Passiv signalisiert immer: Gott ist der Akteur! – Apg 2,4; 1Kor 14,37. Nach der einmaligen Geisttaufe als immer wieder erneutes Erfüllt-Werden: Apg 4,31; 13,52; Eph 5,18),
  • der Geist wird ausgegossen (Apg 2,17+18; 10,45),
  • der Geist kommt auf bzw. über jemand (Apg 1,8; 19,6),
  • der Geist fällt herab auf jemand (Apg 8,16; 10,44),
  • der Geist wird gegeben/geschenkt/verliehen, und zwar von GOTT (Apg 5,32; 8,18; 15,8; Röm 5,5; 2Kor 5,5; Eph 1,17; 1Thess 4,8; 1Joh 4,13),
  • die Gabe des Geistes (das abgeleitete griechische Substantiv zu dem eben genannten Verb – Apg 2,38; 10,45),
  • voll Geistes sein/werden (als Ergebnis der Geisttaufe – Apg 4,8; 6,3+5; 7,55; 11,24; 13,9; [Eph 5,18 nach Luther’1912, Menge, Schlachter’2000]),
  • (herab-)senden („was mein Vater verheißen hat“ – Lk 24,49a; Gal 4,6),
  • ausgerüstet werden mit Kraft aus der Höhe (Lk 24,49b),
  • brennend im Geist sein (Apg 18,25; Röm 12,11),
  • den Geist als Erstlingsgabe haben (Röm 8,23).

Geisttaufe ist dabei keinehöhere Heilsstufe“ (wie den Pfingstlern gern von ihren Kritikern vorgeworfen wird), sondern eine Dienstausrüstung, um so effektiv wie möglich Menschen für Jesus zu gewinnen. Der gleiche Geist, der uns in der Wiedergeburt das ewige Leben vermittelt hat, will uns in der Geisttaufe mit „Kraft aus der Höhe“ zum Zeugendienst ausrüsten.

Zum Autor:

Klaus Vogt war als lutherischer Pfarrer jahrzehntelang in der GGE engagiert. Im Ruhestand ist er u.a. als Dozent für Kirchengeschichte am Martin Bucer Seminar (Bonn) tätig. Er forscht z.Zt. über das Praktizieren der Geistesgaben im Laufe der Kirchengeschichte.