HERE I AM. Hier bin ich. – 30.000 Jugendliche der Neuapostolischen Kirche (NAK) in Düsseldorf

Düsseldorf – „Ich will meinem Nächsten sagen: Gott ist auch für dich da!“ Das war die Botschaft von Jean-Luc Schneider, dem geistlichen Leiter der weltweiten Neuapostolischen Kirche (ca. 9 Mio. Mitglieder) im Abschlussgottesdienst des Internationalen Jugendtags (30. Mai – 2. Juni) in der Arena des Düsseldorfer Messegeländes.

„Doch wie soll ich das machen?“, mag mancher Jugendliche fragen. „Die Evangeliumsverkündigung fängt damit an, dass wir uns untereinander lieben“, postulierte Schneider mit Verweis auf Johannes 13,35. Auch wenn weitere Ratschläge, abgeleitet vom Dienst und Leben Jesu, folgten, so war doch die grundlegende Ermutigung: die durch den Heiligen Geist geschenkte Liebe zuerst untereinander und dann in vielgestaltiger Weise für unsere Mitmenschen spürbar und sichtbar werden zu lassen.

So habe Jesus zum Beispiel Menschen im täglichen Leben geholfen: bei der Hochzeit zu Kana (als ihnen der Wein ausging), mit der Brotvermehrung (als die Menschen ihm stundenlang zugehört hatten und nun hungrig waren), als er Lazarus von den Toten auferweckte … Oder indem er Gemeinschaft mit ihnen pflegte. Oder indem er immer wieder vergab und seine Jünger aufforderte, auch anderen zu vergeben.

Der aus dem Elsass gebürtige Stammapostel Jean-Luc Schneider (so der Titel des geistlichen Oberhauptes der NAK) gab auch seiner Freude über „die guten Beziehungen zu anderen Kirchen“ Ausdruck. „Wir sehen uns alle als Christen, die im Dienst ihres Meisters stehen.“

Und dann noch einmal an die riesige Schar der Jugendlichen gerichtet: „Wir nehmen die anderen an, so wie sie sind und respektieren ihren Glauben.“ Unser Dienst gegenüber der Welt bestehe in erster Linie darin, den Menschen zu zeigen, dass Gott sie liebt und was er für sie getan hat.

Reflexionen

Begeistert von der angenehmen Botschaft, von dem Jugendorchester, dem riesigen stimmgewaltigen Chor, der professionellen Inszenierung, der Freundlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denke ich: „Schade, dass meine Frau nicht dabei ist.“ Diese nette, positive, nicht zu laute Atmosphäre. Und dann in der Arena mit ca. 30.000 Menschen das Abendmahl feiern.

Doch auf einmal erhalte ich einen Dämpfer: Ich traue meine Augen und Ohren nicht. Ein zweiter Teil des Abendmals schließt sich an: das Abendmahl für die Entschlafenen, die Verstorbenen. Zwei Apostel nehmen es stellvertretend für die Entschlafenen. Der Stammapostel spricht nicht nur allen Anwesenden, sondern auch den Entschlafenen die Vergebung zu. Und sie sollen dort Reich Gottes bauen, so wie wir hier Reich Gottes bauen, und auch dort verkündigen, dass Jesus die Menschen liebt.

Immer noch etwas benommen von dem soeben Erlebten, denke ich zurück an den Vorabend: Da hatte das Netzwerk Apostolische Geschichte eV (www.apostolische-geschichte.de) zu einem Abend in die Apostolische Gemeinde Düsseldorf eingeladen, in der auch 2014 der Versöhnungsgottesdienst zwischen Neuapostolischer Kirche und Apostolischer Gemeinschaft stattgefunden hat (Charisma berichtete; s. auch www.youtube.com/watch?v=RcH9elyWUGI).

Hier wurden auch die Bestrebungen der NAK diskutiert, ökumenisch mehr integriert und anerkannt zu sein. Das sog. Entschlafenenwesen und das Abendmahl für die Entschlafenen wurden hier u.a. als schwerwiegende Hindernisse für eine stärkere Gemeinschaft mit anderen Kirchen und Gemeindebünden gesehen.

Interessant ist für mich immer wieder, wie sich geistliche Aufbrüche weiterentwickeln. Auch die Neuapostolische Kirche hat ja ihre Wurzeln in einem geistlichen Aufbruch. Einem Vorläufer des weltweiten, konfessionsübergreifenden pfingstlich-charismatischen Aufbruchs: Um 1830 war es Pfarrer Edward Irving, der in London Pionier dieser Erweckung wurde. Die Newman Street Church wurde ein Zuhause für alle die „(1) erfahren hatten, dass die Taufe im Heiligen Geist eine Bevollmächtigung darstellt, die von der Bekehrung zu unterscheiden ist; (2) die Ausübung der geistlichen Gaben [1 Kor 12,8–10] im öffentlichen Gottesdienst unterstützen und (3) die Wiederherstellung der apostolischen Autorität akzeptierten“ (vgl. Charisma 167, S. 30 f.).

Mit „Wiederherstellung der apostolischen Autorität“ ist wohl gemeint, dass Apostel berufen wurden, die die Kirchenleitung bildeten. Das war so in den frühen katholisch- apostolischen Gemeinden und das ist bis heute so in den apostolischen Abspaltungen, die es seit jener Zeit gegeben hat. Doch was ist von den anderen beiden Punkten übrig geblieben?

Wäre es nicht heute an der Zeit, sich auf die Wurzeln zurück zu besinnen und bei aller Struktur und Ordnung, Kirchenämtern und Diensten sich ganz neu nach dem Heiligen Geist auszustrecken und ihn, wie einst Papst Johannes XXIII., zu bitten, in der Kirche Einzug zu halten und die Wunder von Pfingsten zu erneuern?

Zurück nach Düsseldorf

Doch zurück zum Internationalen Jugendtag in Düsseldorf:
Etwa 5.000 Helferinnen und Helfer sollen in der dreijährigen Vorbereitung dieses internationalen Jugendtages mitgewirkt haben, 2.000 direkt vor Ort in Düsseldorf. Die Präsenz der 30.000 blauen T-Shirt-Träger war in der Stadt nicht zu übersehen. Und es war eine angenehme Präsenz aus Menschen unterschiedlicher Hautfarbe. Möge es gelingen, die Worte des Stammapostels auch im Alltag zu beherzigen und umzusetzen, wenn jeder wieder in seinem Heimatort angelangt ist.

Manche eingeladenen Teilnehmer konnten diese Tage in Düsseldorf leider nicht miterleben, weil es ihnen nicht gestattet worden war, ihr Land zu verlassen. Besonders betroffen waren wohl die Glaubensgeschwister aus dem Kongo und aus China. Ihrer wurde während dieses Jugendkongresses immer wieder in der Fürbitte gedacht.

Gerhard Bially