MdB Frank Heinrich hält Laudatio für Gaby Wentland

Am 20. Februar 2014 hat der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) seinen Bürgerpreis an die christliche Organisation MISSION FREEDOM (Hamburg) verliehen. In der Berliner Bertelsmann-Repräsentanz „Unter den Linden“ überreichte der Präsident des BDZV, Helmut Heinen den mit 20.000 € dotierten Preis der Vereinsgründerin und -vorsitzenden Gaby Wentland. (Über ihr Engagement gegen den Menschenhandel mit seiner Zwangsprostitution berichtete Charisma bereits mehrmals.)

Die Laudatio hielt der Bundestagsabgeordnete und Menschenrechtspolitiker Frank Heinrich. Darin würdigte er den Einsatz der Hamburger Pastorin und dem von ihr gegründeten Verein: Unermüdlich sind Gaby Wentland und das Team von MISSION FREEDOM im Einsatz.

Und dann berichtetet er recht persönlich:
Sie tun das im Stillen – in der gepflegten und warmherzigen Atmosphäre des „Safe-House“, einer Schutzwohnung für Opfer von Zwangsprostitution. Bei einem Besuch konnte ich mir ein Bild vor Ort machen. Die Adresse ist anonym, daher kann ich Sie nicht alle einladen. Aber ich kann Ihnen versichern, meine Damen und Herren, dieses Safe-House ist – um in einer Hamburger Metapher zu sprechen – ein sicherer Hafen. Traumatisierte Frauen brauchen Schutz, fachliche Betreuung – und Menschen, die ihnen in Liebe zugewandt sind. Liebe ist ein großes Wort, das ich hier sehr bewusst wähle. Für Opfer von Menschenhandel hat es sich auf „käufliche Liebe“, oder schlimmer gesagt, auf „erzwungenen Geschlechtsverkehr“ reduziert.

Sich persönlich an Gaby wendend, dankt er ihr und ihrem Team für ihren vorbildlichen Einsatz. Allerdings will er auch die Mitfeiernden, die Pressevertreter und die Politik mit einbeziehen und fährt deshalb fort:
Doch Gaby Wentland wäre nicht Gaby Wentland, wenn sie nur im Stillen wirken würde. Sie will einzelnen Menschen helfen, und zugleich ihr Möglichstes tun, um die Öffentlichkeit für diesen alltäglichen Skandal vor unseren Haustüren zu sensibilisieren. Und so ist die Auszeichnung heute ein weiteres deutliches Signal dafür, dass wir hier nicht länger zuschauen dürfen.

„Wenn es meine Tochter wäre…“

Das war es auch, was die Vorstandsvorsitzende von MISSION FREEDOM e.V. bewegte, als sie von Menschenhandel als international organisierter Kriminalität hörte. In einer Presseerklärung des Vereins heißt es, der Menschenhandel gelte inzwischen als der am schnellsten wachsende Verbrechenszweig. „20–30 Millionen Opfer von Menschenhandel sind die erschreckenden Schätzungen, die dieses menschenverachtende Geschäft nach dem Drogenhandel zum zweitprofitabelsten Geschäft weltweit machen. Junge Frauen aus dem Ausland werden mit den tollsten Job-Versprechungen durch Schleuserbanden nach Deutschland gelockt und landen hier unter den unwürdigsten Bedingungen in der organisierten Prostitution.“

Zu unerhört ist der Skandal Menschenhandel, als dass wir schweigen dürften, fährt der Theologe und Sozialpädagoge Heinrich in seiner Ansprache fort und er bekennt:
Als Politiker fasse ich mich dabei übrigens durchaus an die eigene Nase: Das Prostitutionsgesetz muss dringend überarbeitet und der Opferschutz verbessert werden. Der Entwurf der vergangenen Legislatur ging nicht weit genug.

Einige schockierende Fakten nennt Heinrich unverblümt:

  • Laut einer Studie der Europäischen Union nimmt Menschenhandel zu und Deutschland ist eine Drehscheibe der modernen Sklaverei.
  • Laut Ver.di nehmen täglich 1,2 Mio. Kunden die Dienstleistungen von Prostituierten in Anspruch.
  • „Neun von zehn Huren werden zur Prostitution gezwungen“, sagt Christian Zahel, Leiter Organisierte Kriminalität im LKA Niedersachsen.
  • Die meisten Opfer sind jünger als 21.
  • 2011 konnten nur 482 Ermittlungsverfahren gegen Menschenhändler abgeschlossen werden, weil die gesetzliche Grundlage und Zugriffsmöglichkeiten für die Polizei fehlen.
Mediale Kritik war Verleumdung

Die mediale Kritik an MISSION FREEDOM bezeichnete Heinrich im Rahmen der Preisverleihung als „Verleumdung“. So sei zum Beispiel in den vergangenen Wochen bestritten worden, dass es unter den Zwangsprostituierten Minderjährige gäbe. Dazu Heinrich:
Gaby Wentland ist als internationale Referentin tätig und hat insofern Einblick in die Situation in verschiedenen Ländern. Als Seelsorgerin führt sie viele Gespräche mit Betroffenen im In- und Ausland. Darunter finden sich auch minderjährige Opfer von Menschenhandel. Diese subjektiven Eindrücke von Frau Wentland wurden mir aus verschiedenen Quellen bestätigt.

Als eines von vielen Beispielen führt Heinrich die Geschichte von Ngoc an: In Vietnam aufgewachsen als Tochter gebildeter Eltern, lernte sie Klavier und ging auf eine gute Schule. Als ein Sohn geboren wurde, rückte sie jedoch in den Hintergrund – nach seiner Einschulung, musste sie sogar die Schule verlassen. Mit Gelegenheitsjobs wollte sie zum Einkommen der Familie beitragen. Schließlich traf sie eine Frau, die ihr die Möglichkeit eröffnete, in Thailand bei guten, reichen Familien als Hausmädchen eine lukrative Stellung zu erhalten. Ohne Wissen ihrer Eltern willigte sie ein.

Heinrich wörtlich: Nach einem langen Flug findet sich Ngoc auf dem Flughafen in Leipzig wieder. Dort geht etwas schief, sie muss auf Toilette, verliert ihre Begleitung. Ein vietnamesischer Gemüsehändler wird ihre Rettung. Sie spricht ihn an, erzählt, dass sie doch nach Thailand wollte und nun nicht wisse, was geschehen sei. Der Mann schaltet schnell – und ruft die Polizei. Über das Jugendamt bekommt Ngoc Hilfe, sie wird zunächst in einem Jugendheim und dann in einer Pflegefamilie untergebracht. Ngoc ist 13 Jahre alt.

Abschließend bezieht Heinrich noch einmal Stellung zu eventuellen Vorwürfen und zur Arbeit von Gaby Wentland:

MISSION FREEDOM ist ein Verein, der sich aktiv gegen Menschenhandel engagiert … Zum Konzept des Vereins gehören Prävention und Streetwork ebenso wie die erwähnte Schutzwohnung und auch eine breite Öffentlichkeitsarbeit.

Die Gründerin und Leiterin des Vereins Gaby Wentland ist eine couragierte, mutige Frau von persönlicher Integrität. Sie ist eine Christin und macht aus ihrem Glauben auch keinen Hehl, ohne diesen jedoch anderen Menschen aufzunötigen …

Liebe Gaby, liebes Team von MISSION FREEDOM, danke für euren Mut, danke für euer Durchhaltevermögen … Der christliche Glaube motiviert euch als persönliche Kraftquelle und Wertebasis. Er lehrt euch, jeden Menschen als Geschöpf Gottes zu erkennen, ausgestattet mir einer Würde, die durch nichts und niemanden zerstört werden kann. Dieser Glaube gibt euch aber auch den Mut die Stimme zu erheben gegen alle, die diese Würde mit Füßen treten …

(Foto: Maxi Genthe)