Von der Lübecker Altstadtmaus zur Minnie Maus in Kalifornien

Eines Tages, als ich mal wieder alleine in einem Büro saß, kam eine Chefsekretärin, die für mich verantwortlich war, in mein Zimmer. Sie legte eine kleine graue Wollmaus, die sie auf dem Lübecker Altstadtfest gekauft hatte, auf meinen Schreibtisch und sagte: „Als ich diese Maus sah, musste ich irgendwie an sie denken.“ Ich bedankte mich und da war sie auch schon wieder aus meinem Zimmer verschwunden. Ich begriff gar nicht, was sie damit sagen wollte. Doch sie hatte mich als eine sog. „Graue Maus“ erkannt. Denn zu diesem Zeitpunkt war ich ein sehr und unscheinbarer Mensch, der sehr ängstlich war. Ich hatte nur wenige Freunde und mein Leben bestand nur aus grauem Alltag.
Beruflich hatte ich etwas Erfolg. Doch innerlich ging es mit mir steil bergab. Depression und Panikattacken bestimmten mittlerweile mein Leben. Mit Hilfe von Ärzten, Psychologen, Psychopharmaka und alternativen Heilmethoden versuchte ich jahrelang diese Krankheit zu besiegen, aber es gelang mir nicht. Schließlich lebte ich total vereinsamt und verwahrlost in meinem kleinen Altstadthäuschen in der Innenstadt Lübecks. Ich spürte, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb, denn ich konnte diesen penetranten Selbstmordgedanken kaum noch widerstehen. Zwei meiner Nachbarn hatten bereits den Freitod gewählt. Würde ich die nächste Selbstmörderin sein oder gab es doch noch Hoffnung?
Dann kam der Abend, den ich nie mehr vergessen werde. Ich kam mal wieder im Dunkeln von der Arbeit nach Hause und wollte, wie immer, sofort den Fernseher einschalten. Doch irgendwie konnte ich es nicht und hatte stattdessen den Gedanken, dass es nicht so gut wäre, wenn ich mich wieder nur ablenken würde. Schließlich stand mein Leben auf dem Spiel. Schon lange konnte ich die Stille nicht mehr ertragen und brauchte sogar zum Einschlafen eine Geräuschkulisse. Doch plötzlich wurde mir bewusst, dass ich von etwas davon laufen wollte. Was war dieses Etwas? Ich wollte es herausfinden und entschied mich, der Stille nicht mehr auszuweichen. Ich setzte mich auf mein Sofa im Obergeschoß und starrte die Wände an, wie es bei einer Depression oft geschieht. Meine Gedanken kreisten unaufhörlich immer wieder um die gleichen Fragen und es viel mir sehr schwer, es mit mir selbst auszuhalten. Doch dann wurden sie plötzlich unterbrochen und machtvolle Sätze kamen in meine Gedanken. Ich spürte sofort, dass dies nicht meine Gedanken waren, sondern dass es tatsächlich die Stimme Gottes war. Gott sagte: „Ich zeige Dir jetzt zwei Wege. Der eine führt dich in den Tod, der andere führt dich in das Leben. Du hast die Wahl. Wenn du den Tod wählst, brauchst du nichts an deinem Leben verändern und du wirst in wenigen Jahren tot sein. Wenn du aber das Leben wählst. Dann sage ich dir gib alles auf, was du hast und folge mir an einen Ort, den ich dir zeigen werde.“ Völlig erstaunt erhob ich mich von meinem Sofa und erwiderte laut: „Gott, ich will leben. Ich will leben!“ Sofort antwortete Gott mit der Verheißung: „Du wirst das Leben finden!“
Damals war ich Anfang zwanzig und endlich kam wieder Hoffnung in mein Herz. Ich gab meine Arbeitsstelle auf und brach unter Tränen meine Zelte in meiner Heimatstadt Lübeck ab, um mit Gott auf eine etwa siebenjährige Reise zu gehen, von der ich nicht wusste, wo sie mich hinführen würde. So sehr man mich auch fragte, wer mir zu dieser mutigen Entscheidung verholfen hatte. Ich vertraute niemandem an, dass ich auf die Stimme Gottes hörte. Durch ihn konnte ich nun beruflich nochmal ganz von vorne anfangen. Da Gott mir eine künstlerische Veranlagung gegeben hatte, wollte er nun, dass ich auch darin ausgebildet wurde. Somit machte ich zunächst für zwei Jahre meine Fachhochschulreife für Gestaltung, war ein Jahr arbeitslos und dann kam ich an eine Schule für Formdesign in Bayern für eine vierjährige Ausbildung. Während dieser Jahre segnete mich Gott in jedem Bereich meines Lebens. Schon nach einem Jahr nach dem Reisestart ins Ungewisse, wurde ich von einem Tag zum anderen von der Depression geheilt. Ich blühte förmlich auf, gewann neue Freunde und hatte sogar genug Finanzen, um meinen Führerschein zu machen. Fast jedes Problem, und war es noch so klein, löste sich in Wohlgefallen auf.
So war ich z. B. einmal ganz schön in der Zwickmühle, als an der Kunstschule in Bayern ein großes Faschingsfest gefeiert werden sollte. Ich wusste überhaupt nicht, als was ich mich verkleiden sollte und wollte auch nicht viel Geld für irgendein blödes Kostüm ausgeben. Schließlich war nur noch ein Tag Zeit, sich darauf vorzubereiten und ich hatte immer noch keine Idee. Doch in der darauffolgenden Nacht bekam ich einen Traum. In diesem Traum sah ich Minnie Mouse mit einem roten Kleid, das ich im wirklichen Leben gerade von einer Freundin geschenkt bekommen hatte. Minnie tanzte fröhlich für einige Zeit vor meinen Augen. Das war auch schon alles, was mir träumte, doch dieser Traum war so eindringlich, dass ich mich am nächsten Morgen noch daran erinnern konnte. Das war die Idee! Ich ging als Minnie Mouse. Zu meinem großen Erstaunen wurde ich von meinen Klassenkameraden nicht wiedererkannt und konnte mir einen großen Spaß daraus machen! Ausgelassen und fröhlich tanzte ich auf dieser Faschingsparty bis in den frühen Morgen. Was ich noch nicht zu diesem Zeitpunkt realisierte: Ich war nicht mehr die graue Maus von einst! Das Faschingskostüm unterstrich nur die Veränderung, die Gott bei mir begonnen hatte. Viele Jahre später sollte ich mich noch an diese Begebenheit erinnern.
Fast dachte ich schon, ich hätte das Leben gefunden. Ich war schon im dritten Jahr meiner Ausbildung und sehr erfolgreich darin. Mir ging es gut, ich war gesund und hielt mich selbst für eine gute Christin. Doch die Gemeinschaft mit Jesus Christus kannte ich damals noch nicht. Ich fühlte mich sicher, aber dann passierten plötzlich sehr merkwürdige Dinge in meinem Leben. Sie im Einzelnen zu beschreiben, würde hier den Rahmen sprengen. Doch kurz gesagt wurde ich innerhalb einen Jahres dreimal vom Tode bedroht. Es kamen auch immer mehr Albträume. Ich verstand die Welt nicht mehr. In dieser Zeit befreundete ich mich enger mit einer Mitschülerin, die aus dem Vogtland in Sachsen kam. Sie erzählte mir immer wieder von Jesus und wie er ihr persönlich in einem Traum begegnetet war, wo er sie mit ausgebreiteten Armen zu sich rief. Während ich ihr aufmerksam zuhörte, dachte ich bei mir: „Schön, dass sie den Glauben jetzt für sich entdeckt hat. Ich weiß schon lange darüber Bescheid.“
Eines Tages lud sie mich zu sich ins Vogtland für ein ganzes Wochenende ein. Ein sog. Lobpreisgottesdienst war als letzter Programmpunkt auch geplant. Meine Neugierde wurde extrem geweckt, weil es dort im Gottesdienst angeblich Leute geben sollte, die noch in sog. Zungen (1. Kor. 14,39) reden können.
Ich konnte den Gottesdienst kaum noch erwarten. Als die Abenddämmerung über dem schönen Vogtland einsetzte, fuhren wir endlich los. Wir passierten ein paar wunderschöne Hügel und erreichten bald das kleine Dorf. Die kleine Dorfkirche thronte an dem höchsten Punkt des Dorfes. Wir waren etwas spät und die Kirche war bereits proppenvoll, wie sonst nur an Weihnachten. Das verwunderte mich erneut, denn war es nicht ein ganz gewöhnlicher Sonntag im Mai 2000? Was zog diese vielen Menschen nur so an? Bald sollte ich es herausfinden. Vom Pastor wurde ein jüdischer Gastsprecher aus Jerusalem vorgestellt, der sich kurzfristig angemeldet hatte. Er und seine Frau berichteten kurz der Gemeinde von ihrem geistlichen Dienst in Jerusalem und dann begann endlich die Gesangszeit. Ich beobachtete sehr genau, was um mich herum geschah. Die Menschen sangen mit so einer Inbrunst gen Himmel und beteten Jesus an, dass ich zunächst befürchtete, in einer Sekte gelandet zu sein. Doch dann viel mir ein, dass Sekten gar nicht erlaubt ist, ihre Versammlungen in Kirchen der Staatskirche abzuhalten. Dieser Gedanke beruhigte mich sofort wieder. Ich schaute in das Gesicht einer Frau und es schien mir, als ob ihr Gesicht immer mehr an zu Leuchten fing. Die Musik, der normale Gesang und auch der Zungengesang dazwischen, waren wunderschön. Plötzlich wurde mir klar, dass diese Leute keine Show abzogen. Nein, ihre Hingabe während ihres Gesanges für Jesus war echt! Ich kam zu der Schlussfolgerung, dass sie Jesus wirklich kannten und vor allem lieben konnten. Sofort wurde ich unendlich traurig, weil es mir nicht möglich war, Jesus so zu lieben, wie sie es taten. Es wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich nicht zu diesen Menschen gehörte. Sie waren heilig. Ich war es nicht. Da gab es nur einen Ausweg. Still senkte ich meinen Kopf und bekannte alle mir zu dem Zeitpunkt bekannten Sünden oder Verfehlungen, die ich gegenüber Gott getan hatte. Ich nannte unter anderem Dinge wie: Autogenes Training, Homöopathie, Bachblüten, Joga, TC Meditation, Tarot, Handlinien lesen u. v. m. Sicher habe ich nicht an alles gedacht, was in den vergangenen dreißig Jahren meines Lebens alles so verkehrt war. Doch in 1. Joh. 1, 9 steht: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, das er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend.“
Nachdem ich meine Sünden bekannt hatte, fühlte ich mich gleich ein bisschen erleichtert. Zum ersten Mal in meinem Leben, hatte ich nun auch zu Jesus gesprochen. Dann war die Zeit des Gesanges um und der Jude aus Jerusalem machte einen Altaraufruf: „Wer eine Berührung von Jesus möchte, komme bitte nach vorne.“ Fast alle Menschen standen auf und ließen für sich beten. Dabei vielen einige sanft um, wie eine Feder. Ich war hin- und hergerissen zwischen Neugierde und Angst, aber letztlich ging ich doch nach vorne zum Gebet. Er wollte noch ein wenig mit mir sprechen, doch ich spürte plötzlich, dass da jemand war, der es kaum erwarten konnte, mir etwas Bestimmtes zu geben. So nickte ich schnell mit dem Kopf, obwohl ich nicht verstand, was er mir sagen wollte und bat ihn, für mich zu beten. Der Jude berührte nur etwas meine Schläfen mit den Spitzen seiner Zeigefinger. Im selben Moment geschah das Übernatürliche. Ich nahm einen neuen unsichtbaren Körper an mir wahr, der nur eine dünne und zerbrechliche Hülle hatte und innen ganz hohl und leer war. Perfekt gemacht, um das aufzunehmen, was danach folgte. Eine unsichtbare Flüssigkeit schoss in mich bzw. in diese Hülle hinein. Es war wahrhaftig ein lebendiges Wasser, von dem die Bibel an mehreren Stellen spricht. (Siehe Joh. 3, 5; Joh. 4, 10; Joh. 7, 38) Das Wasser stieg schnell immer höher, so dass ich anfing hin und her zu schwanken, wie ein Baum im Wind. Es war Jesus, den schon Johannes der Täufer in Joh. 1, 19-28 angekündigt hatte, dem es Freude bereitete, mich bis zum Kopf mit dem Heiligen Geist zu füllen.
Als ich die Kirche in dieser Nacht verließ, war ich nicht mehr die gleiche Person. Das Los der Herrnhuter Losungen viel an diesem Tage sehr trefflich auf den Vers in 2. Kor. 5, 17: „Darum, ist jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden!“
Bald stellte ich voller Freude fest: Ich hatte tatsächlich das bekommen, wonach ich so gesucht hatte und von dem Gott mir vor langer Zeit einmal verheißen hatte, das ich es finden werde: Das Leben! Ich wusste nun, dass das Leben mehr mit dem Inneren des Menschen zu tun hat und nicht mit in äußeren Dingen. Jesus lebte nun in mir selbst und erfüllte mich nun ganz und gar mit der überwältigenden Kraft seiner Liebe. Diese Liebe wurde förmlich in mir ausgegossen (Röm. 5, 5) und glühte in meinem Herzen, so dass ich nicht mehr anders konnte als alles, was Gott geschaffen hatte, ihn selbst und auch jeden anderen Menschen einschließlich meiner Person zu Lieben. Nun war es mir auch möglich, Jesus selbst wirklich zu lieben und ihn auch im Geist und in Wahrheit anzubeten, weil er mich zuerst liebte. Es entstand ein noch größerer Hunger nach seinem Wort, der Bibel (1. Petr. 2, 2). Jetzt wusste ich, dass Jesus diese krasse Aussage in Matt. 5, 44, dass wir unsere Feinde lieben sollen, absolut ernst meinte und er es genauso meinte, wie er es sagte. Ich verstand nun, dass Er selbst mich mit dieser starken Liebe ausgestattet hatte und es mir somit ermöglichte, dass ich von nun meine Feinde mit einer ungeheuchelten Liebe tatsächlich lieben kann. Ich musste nichts mehr aus eigener Kraft tun, um ihm zu gefallen. Seine Liebe heilte zudem alle meine Wunden der Vergangenheit, so dass ich wirklich vergessen konnte, was hinter mir lag und nun nach vorn in die Zukunft blicken konnte.
Es dauerte nicht lange, da führte mich Jesus in die weite Welt nach Hong Kong und China, Indien und in andere Länder hinaus in Weite, wo ich bis heute seine Liebe an die Hoffnungslosen und Einsamen in der Welt weitergeben darf. Jesus hat mein Leben nochmal total umgekrempelt und es hat heute durch ihn einen Sinn und ein Ziel bekommen. Das Leben ist durch ihn sehr spannend und bereichernd für mich geworden. Ich kann mir kein anderes mehr vorstellen, obwohl ich auch vor so mancher Herausforderung stehe.
Vor wenigen Jahren schenkte mir Jesus auch innige Beziehungen zu Menschen in Kalifornien, wo ich nun auch von Zeit zu Zeit leben darf. Da meine Freunde auch noch in der Nähe des Disneylandes leben, erinnerte ich mich auch wieder an diesen Traum.
Das ich einmal bis nach Kalifornien kommen würde, hätte ich mir damals, als ich von ihr träumte, niemals träumen lassen. Aber der Psalmist hat es im Psalm 126, 1 bereits gesagt: „…, so werden wir sein wie die Träumenden.“

Heute kann ich bezeugen: „Mit Jesus werden Träume wahr.“


Text: Christina G. (43), ledig und ungebunden. Von einer freikirchlichen Gemeinde in Ostholstein in asiatische Länder zum Dienst an Kindern ausgesandt.