Die Zukunft der Marktwirtschaft

Christliche Wirtschaftskonferenz in Alicante, Spanien

„Der Zukunft begegnen“ – unter diesem Motto hatte die christliche Wirtschaftsorganisation ICCC (International Christian Chamber of Commerce) zum 25jährigen Jubiläumstreffen in Alicante, Spanien, vom 27. bis 31. Oktober 2010 gerufen. Insgesamt 385 Teilnehmer aus 44 Nationen waren der Einladung zur Wirtschaftskonferenz gefolgt, die regelmäßig alle zwei Jahre stattfindet und internationale Geschäftsverbindungen auf christlicher Wertebasis fördern soll. Zuletzt fand die Konferenz im Jahr 2008 in Jerusalem in Israel statt, davor im süddeutschen Altensteig.

Die Veranstalter konnten hochkarätige Fachleute als Redner gewinnen, wie den Schweden Jan Sturesson, Mitglied des Weltwirtschaftsforums, der zuvor auf der World Expo in Shanghai gesprochen hatte. Angesichts eines aktuellen Schuldenstandes öffentlicher Haushalte von bis zu 250 Prozent des Bruttosozialproduktes warnte er vor Staatsbankrotten bei der nächsten wirtschaftlichen Eintrübung. Die volkswirtschaftlich kritische Marke läge bei 90 Prozent Staatsverschuldung und anders als bei der Bankenwelt könne man Staaten nicht freikaufen. Die Gründe für die Finanzkrise und der bevorstehenden Staatsbankrotte seien indes gleich: Gier (auf Seiten der freien Wirtschaft), Hochmut (der staatlichen Institutionen) und Unsicherheit (in der Geschäftswelt). Die Antwort der Christen sei dagegen Generosität, Demut und innerer Frieden.

„Die Globalisierung schafft ein neues Wertesystem, weil sie verschiedene Elemente vermengt und politische, wirtschaftliche, soziale, religiöse, technologische Prozesse beschleunigt“, so Sturesson weiter. Er persönlich rechne dabei mit einem starken Aufkommen humanistischen Denkens, das menschliche über göttliche Erkenntnis stelle und einen weltweiten Staat als höchste Transformation der Menschheit favorisiere. Schon jetzt forderten Wirtschaft und Politik global einheitliche Regeln, weil die Probleme nicht mehr national zu lösen seien. Diesem säkularen Humanismus griechisch-europäischer Prägung müsse aber ein jüdisch-christliches Manifest entgegengestellt werden durch Menschen, die durch ihr Zeugnis in allen Lebensbereichen überzeugen, aber nicht nach Macht, Anerkennung und Geld trachten.

Auch ICCC-Gründer Gunnar Olson referierte über die Globalisierung. Weltweit seien 85 Prozent aller Menschen religiös, so dass ohne Berücksichtigung der Glaubensrichtungen kein (Welt)-Frieden möglich wäre. Deshalb würden viele Organisationen eine Harmonisierung anstreben, was im Endeffekt zu einer Weltreligion führe. Olson zufolge bestehe die Herausforderung darin, sich zu entscheiden zwischen Integration oder Separation, Religion oder Glaube, dem Weg der Welt oder dem Weg Gottes. „Was treibt mich an, meine berufliche Ausbildung oder mein Glaube?“ Gottes Plan sei immer materiell und geistlich, wie das Beispiel Israel zeige. „Die Existenz des Staates Israel manifestiert Gottes Willen so wie die Kirche die geistliche Manifestierung ist.“

In der Geschichte habe es immer erstaunliche Parallelentwicklungen von jüdischer und christlicher Welt gegeben. Als Ende des 19. Jahrhunderts viele Juden aus Russland, Rumänien und Jemen auswanderten, begann in Deutschland eine 30jährige Erweckung. Am 14. Mai 1948 wurde der Staat Israel gegründet und im gleichen Jahr entstanden große Evangelisationsbewegungen wie die Billy Graham Crusades. Zeitgleich zum Sieg Israels im Sechs-Tage-Krieg starten die „Jesus People“ und charismatische Bewegungen. „Wir sagen oft in christlichen Kreisen, dass wir das Reich Gottes aufbauen“, so Olson weiter. „Das glaube ich nicht, sondern ich bin der Überzeugung, dass das Reich Gottes in diesem Leben durch den Glauben an Gott manifestiert wird, damit die Welt verstehen kann.“ Glaubenswege müssten gelernt werden. Das wichtigste sei, Gottes Stimme zu hören und danach zu handeln, auch in kleinen Dingen. So sei es für die ICCC in den vergangenen 25 Jahren darum gegangen, das Königreich Gottes zu verstehen und dann im professionellen Leben umzusetzen.

Neben Referentenvorträgen hatte die ICCC mehrere Zentren zur Geschäftsentwicklung eingerichtet, auf denen individuelle Gesprächstermine zwischen passenden Geschäftspartnern ermöglicht und Wirtschaftsbeziehungen für Import, Export, Kooperationen und Joint Ventures geknüpft wurden. Die ICCC verfolgt das Ziel, ein weltweites Netzwerk integrer, christlicher Geschäftsleute aufzubauen, über das ein wachsender Austausch von Ideen, Produkten und Dienstleistungen erfolgen kann. Dadurch besteht auch die Möglichkeit, sich gegenseitig praktisch und geistlich zu unterstützen. Im Juli 1985 wurde die ICCC (International Christian Chamber of Commerce) in Brüssel (Belgien) als gemeinnütziger, internationaler Verein (AISBL) eingetragen. Heute ist die vom schwedischen Unternehmer J. Gunnar Olson gegründete ICCC mit Niederlassungen in etwa 100 Ländern weltweit vertreten. Der deutsche Anteil an der Spanienkonferenz war mit 50 Teilnehmern vergleichsweise hoch.

Heiko Scholz